Klassik Heute

Margarete Schweikert (1887-1957) war in Karlsruhe, wo sie ihr ganzes Leben verbrachte, eine hochgeehrte Geigerin und Pädagogin. Ihre zahlreichen Kompositionen (Vokal- und Kammermusik), von denen sie selbst kein großes Aufhebens machte, fanden Anklang, aber – obwohl großenteils im Druck erschienen – keine große Verbreitung. Dass sie in der Musikgeschichte keine Spuren hinterlassen hat und bis vor wenigen Jahren gänzlich in Vergessenheit geraten war, hängt wohl weniger damit zusammen, dass sie eine Frau war. Aber ihr Wirkungskreis reichte nicht wesentlich über Karlsruhe hinaus und von den modernen musikalischen Strömungen des 20. Jahrhunderts blieb sie weitgehend unberührt. Erst nach 1945 setzte sie sich mit dem Impressionismus auseinander, wovon auch ihre Vertonung von vier Gedichten der Malerin und Schriftstellerin Martha Kropp (ebenfalls Karlsruhe) Zeugnis ablegt.

Von den etwa 160 Liedern, die sie hinterlassen hat, wurden für dieses Album 35 ausgewählt, die innerhalb eines halben Jahrhunderts (zwischen 1905 und 1955) entstanden sind. Sie hat in dieser Zeitspanne ihren spätromantisch geprägten, von Max Reger beeinflussten, aber doch nicht rein eklektischen Stil nie aufgegeben und die musikalischen Kunstmittel ganz aus den vertonten Texten entwickelt. Die Auswahl der Gedichte, darunter sehr viele von Frauen, ist für die Entstehungszeit nicht untypisch, das gilt vor allem für die frühen, noch vor dem Ersten Weltkrieg entstandenen Lieder. Alle sind geprägt vom Geist gediegener Handwerklichkeit. Sie zeichnen sich aus durch eingängige, aber nicht triviale Melodien, den Verzicht auf harmonische Experimente und unverkünstelte Emotion.

Die Karlsruher Sektion der GEDOK (Gemeinschaft deutscher und österreichischer Künstlerinnenvereine aller Kunstgattungen) hat ihr Mitglied Jeannette La-Deur mit der Wiederentdeckung Margarete Schweikerts betraut, einer Aufgabe, der sie sich als Herausgeberin und Pianistin mit großem Engagement und auch hörbarer Freude annimmt. Auch die Sänger scheinen involviert und beschränken sich nicht aufs Abliefern. Wobei der kindliche Tonfall der Sopranistin Diana Tomsche auf die Dauer etwas monochrom wirkt und nicht allen Titeln gerecht wird. Armin Kolarczyk punktet mit einem weichen, in der Höhe flexiblen lyrischen Bariton, dem es allenfalls etwas an „Biß“ fehlt.

Ekkehard Pluta [21.06.2018]

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